Geld beschaffen – leihen – kalkulieren.

Mein heutiger Schwerpunkt widmet sich dem Thema „Geld“. Neulich wurde ich als Expertin ins Bundesministerium für Wirtschaft und Energie als Expertin zum 4. Experten-Workshop „Senior Entrepreneurship, Finanzierung 45plus: vom Schwarm bis Family & Co.“ nach Berlin eingeladen.
Daraus ergab sich die Erkenntnis, dass die vom Bund geförderten Instrumente zur Mikrokreditfinanzierung immer noch sehr unattraktiv sind: zu hohe Zinsen für geringe Laufzeiten.

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Die Zeichnung entstand im Rahmen des 4. Experten-Workshops „Senior Entrepreneurship“ zum Thema Alternative Finanzierung vom RKW Kompetenzzentrum.

Jede Existenzgründerin steht vor der Frage: wie hoch sind meine Investitionen und woher kommt das Geld? Aus meinen Seminaren weiß ich, dass Existenzgründerinnen eher mit niedrigen Investitionen starten, die sich zwischen 5.000 bis 20.000 € bewegen. Für Banken ist das kein interessantes Geschäft und Frauen als Gründerinnen werden nach wie vor kritisch betrachtet. Da liegt es also nahe, über Alternativen nachzudenken.

Crowdfunding – viele kleine Beiträge führen zu einem guten Ergebnis!

Eine Teilnehmerin aus meinem Existenzgründungsseminar für Kreative und Künstler in Bielefeld wollte ihr Trickfilmprojekt zum Thema Liebe nicht mehr aus der eigenen Tasche finanzieren.

Mit einer gut aufgestellten Kalkulation anhand meiner Unterlagen entschloss sie sich zu einer Crowdfunding Kampagne, mit dem Zielbetrag in Höhe von 11.260 €. Ergebnis : 4.179 € über die Plattform Indiegogo. Dazu kamen noch kleinere Spenden sowie Geld einer Kulturstiftung. Erstes Zwischenergebnis 5.199 € zum Ende der Kampagnenlaufzeit. Im Juni erhielt sie eine weitere Finanzspritze durch einen Antrag bei der Film- und Medienstiftung NRW. So wird sie mit insgesamt 13.000 € ihren Film verwirklichen können.

Mehr als der materielle Gewinn.

Zu den materiellen Gewinnen gibt es noch weitere: Für den Film arbeitet sie mit einem Teilnehmer des Seminars zusammen, der die Filmmusik produziert. Die Kampagne brachte ihr einen Fernsehbeitrag beim WDR, eine gute regionale Pressearbeit und Blogbeiträge im Internet. Sie hat also schon jetzt eine breite Öffentlichkeit, die weiterhin dem Verlauf ihrer Filmproduktion folgen wird.

Mich haben an diesem Beispiel zwei Dinge inspiriert: das Thema LIEBE und die charmante Begeisterung, mit der die Künstlerin sich für ihr Projekt eingesetzt hat.

Wenn Sie möchten, dass andere Menschen Sie unterstützen, gewinnen Sie das Herz dieser Menschen. Das ist einer der Motoren, mit dem eine Crowdfunding Aktion erfolgreich wird. Die Geldgeber werden emotional an der Idee beteiligt.

Crowdfunding ist eine Möglichkeit, ein Business auf den Weg zu bringen, berufliche Ziele oder private Wünsche zu verwirklichen.

Laut Statistik der crowdfunding.de-Plattform wurde im 1. Halbjahr 2016 ein Gesamtvolumen von 19,2 Mio. € „gefundet“: 9,2 Mio. € für Immobilienprojekte / 7,9 Mio. € für Unternehmen / 2,1 Mio. € für Energieprojekte – Quelle: www.crowdfunding.de/marktdaten

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Crowd oder auch „Schwarm“ bedeutet, dass sich viele Menschen als Geldgeber an einer Idee beteiligen. Die Crowdfinanzierung unterscheidet man in vier maßgeblichen Formen:

  1. Crowdfunding
  2. Crowdinvesting
  3. Crowdlending
  4. Crowddonating

Die Gemeinsamkeit besteht darin, dass die Vermittlung der Finanzierung über Onlineplattformen durchgeführt wird. Sie unterscheiden sich in der Art und Weise, wie Kapital zur Verfügung gestellt wird und welche Gegenleistung dafür erbracht werden muss. In der Regel ist zusätzlich eine Provision fällig, die an die Plattform-BetreiberInnen gezahlt wird, von ca. 4% des Endbetrags aufwärts steigend. Bei der Crowdfinanzierung werden direkte oder indirekte Verträge geschlossen, deren Inhalt Sie genau kennen sollten, damit Sie wissen, welche Rechte und Pflichten daraus für Sie entstehen.

  • Crowdfunding

Beim Crowdfunding erhalten die GeldgeberInnen einen Gegenwert in Form einer materiellen und/oder ideellen Gegenleistung wie z.B. ein Produkt, einen Rabatt, eine Einladung … Was Sie als Gegenleistung geben, sollte authentisch sein und zu Ihrer Idee und Person passen. Mögliche Plattformen dafür sind z.B. Indiegogo, Kickstarter, Startnext.

Was Sie vorher wissen sollten, ist, ob Sie alles Geld behalten dürfen, was hereinkommt oder nur dann Geld bekommen, wenn Ihre festgelegte Summe erreicht ist. Schauen Sie sich die Konditionen vorher genau an. Jede Plattform erhält einen gewissen Prozentsatz des Geldes für die Kampagne.

  • Crowdinvesting

… bedeutet finanzielle Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (UG, GmbH, AG) in Form einer mittel- bis langfristigen Investition. Entsprechende Plattformen sind Bergfürst, Companisto, Seedmatch.

  • Crowdlending

Familie & Co. oder selbst gewählte Darlehenskonditionen – Crowdlending heißt, die Crowd = Privatpersonen stellen Darlehen zur Verfügung, die ähnlich wie bei Banken mit Raten und Zinsen zurückgezahlt werden. Das ist eine wenig aufwendige Alternative zur staatlichen Mikrofinanzierung. Der Unterschied ist, dass der Anleger entscheidet, wohin sein Geld geht. Genau prüfen sollten Sie die Konditionen in Bezug auf Laufzeit und Zinsen. Plattformen sind u.a. Auxmoney und Kapilendo. Auxmoney aus Düsseldorf hat in diesem Jahr den Sonderpreis des Landes NRW für die Digitale Wirtschaft erhalten.

Dieser Gedanke knüpft am kollektiven Gemeinschaftssinn an. Crowdlending ist nichts anderes als etwas, das Sie auch mit Ihrer Familie oder in Ihrem Freundeskreis selbst organisieren können. In meinen Seminaren geht es häufig um Erstfinanzierungen, die sich von 5.000 € aufwärts bewegen. Haben Sie den Mut, die Menschen um Sie herum anzusprechen, ob Sie Ihnen ein Darlehen gewähren. Dann können Sie die Konditionen wie Laufzeit und Zinsen selbst wählen und in einem Vertrag festhalten. Die GeldgeberIn profitiert dabei unter Umständen von besseren Konditionen, als sie diese aktuell bei einer Bank bekommt oder bietet Ihnen sogar ein zinsloses Darlehen an. So gewinnen beide Seiten und die Unterstützung vertrauter Menschen stärkt Sie in der Durchführung Ihrer Unternehmung. Da spreche ich aus ganz eigener Erfahrung.

•    Crowddonating

Crowddonating gibt es vorrangig im sozialen Bereich und eignet sich für Non-Profit-Unternehmen. Hier werden Geld-, Zeit oder Sachspenden für einen guten Zweck gesammelt. Eine Gegenleistung gibt es nicht, maximal eine Spendenbescheinigung. Plattformen dafür sind u.a. Helpdirect und Betterplace.

Eine gut sortierte Übersicht aller Plattformen finden Sie via crowdfunding.de/plattformen

Wann lohnt sich Crowdfunding?

Crowdfunding lohnt sich, wenn Sie mit Ihrer Idee viele Menschen begeistern!!!

Zuerst sind Sie selbst überzeugt von Ihrer Idee oder Ihrem Produkt und diese Begeisterung verströmen Sie in die Welt. Haben Sie ein Produkt oder ein Angebot, das es so noch nicht gibt, stellen Sie Ihr Alleinstellungsmerkmal heraus. Aktuelle Trends oder der Bezug zur Region stellen ebenfalls gute Voraussetzungen dar, dass andere Ihnen gerne folgen und Sie unterstützen.

Da die Kommunikation im Netz stattfindet, brauchen Sie verbale und visuelle Kommunikationsmöglichkeiten. Meine Kundin in dem Beispiel nutzte Filme auf der Crowdplattform, informierte regelmäßig über die Entwicklung und fand wie beschrieben auch ein Interesse bei den großen Medien wie Fernsehen.

Kreative und künstlerische Angebote eignen sich auch deswegen gut, da Sie etwas zurückgeben können. Bei den meisten Crowdfunding Projekten gibt es ein gestaffeltes Geschenk: der /die GeldgeberIn erhält eine Anerkennung in Form eines Miniwerkes wie Fotos, Bilder, Erstveröffentlichung u.a. je nach Höhe des Betrages, der gegeben wurde. Dieses Geben und Nehmen gehört dazu und trägt zum Gelingen des ganzen Projekts bei. Sie wissen, alle Menschen erhalten gerne ein Dankeschön.

Wenn Sie eine Crowd haben!

Das ist sicherlich eine der wichtigsten Voraussetzung, dass Sie bereits in den sozialen Medien aktiv sind, einen großen Verteiler besitzen und/oder bereits einer großen Menge von Menschen bekannt sind. Das ist dann Ihre Fanbase; MultiplikatorInnen digital und analog, die Ihnen helfen, dass Ihr Projekt erfolgreich wird. In der Pflege dieser Kontakte steckt Ihre größte Investition – Zeit.

Crowdfunding braucht Zeit zum Beantworten von Fragen, Entwickeln von Marketingstrategien, Versenden regelmäßiger Mailings. Fragen Sie sich also, ob Sie auf Ihren bisherigen Aktivitäten aufbauen können und planen ausreichend Zeit ein, von dem Moment an, wo Ihre Kampagne startet. Nur ein Projekt auf einer Plattform veröffentlicht zu haben, wird nicht ausreichen, Ihr Finanzierungsziel zu erreichen. Spaß und Freude an Internetaktivitäten gehört dazu, um den notwendigen Antrieb bis zum Ende Ihrer Kampagne zu behalten.

Fazit

Sollten Ihnen das zu persönlich sein, bleiben Ihnen die oben genannten Plattformen. Aktuell scheint es eine Alternative zu aufwendigen Bankkrediten zu sein, die Ihren Businessplan kritisch betrachten und Ihrer Unternehmensidee vielleicht nicht folgen können.

Wenn das alles nichts für Sie ist, habe ich Sie vielleicht trotzdem neugierig gemacht, mal auf der ein oder anderen Plattform zu surfen ☺ oder Sie können einfach mitreden, wenn es mal wieder um Crowdfinanzierung geht.

Herzliche Grüße aus Düsseldorf-Oberbilk,
Ihre Petra Welz

(Bildquellen: «Geld das keines ist Euro» by Metropolico.org via flickr (CC BY-SA 2.0) – keine Änderung | no changes; Die Zeichnung entstand im Rahmen des 4. Experten-Workshops „Senior Entrepreneurship“ zum Thema Alternative Finanzierung vom RKW Kompetenzzentrum)