Was motiviert Sie jeden Tag aufzustehen? Sind Sie zufrieden mit dem, was Sie beruflich machen? Finden Sie einen Sinn, in dem was Sie beruflich machen? Sind Sie glücklich, wenn Sie mit Ihren KollegInnen zusammenarbeiten? Diese Fragen sind oft der Einstieg zu beruflichen Veränderungen. Zufriedenheit im beruflichen Kontext ist ein wesentlicher Faktor zur persönlichen Gesunderhaltung. Da ist die Teilzeitselbständigkeit oder nebenberufliche Existenzgründung manchmal eine gute Möglichkeit, wieder Balance herzustellen.

“Die Frage ist nicht, wer wird mich lassen;
die Frage ist, wer wird mich aufhalten.”

(Ayn Rand, geboren Alisa Zinov’yevna Rosenbaum,
1905-1982, US-amerikanische Schriftstellerin und Philosophin)

Sie haben vielleicht eine interessante Ausbildung gemacht als Feldenkrais Practitioner, Yogalehrerin, Kunsttherapeutin oder können sehr kreativ eigene Produkte herstellen. Die Motivation zur Existenzgründung beginnt meist mit einem Herzschlag – der Faszination für eine Methode oder ein Produkt, mit der/dem Sie andere Menschen begeistern wollen.

Wenn Sie das, was Sie tun, mit eigenem unternehmerischen Auftreten, auf Dauer angelegt und mit Gewinnerzielungsabsicht durchführen und Ihre Kundschaft nicht zu Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis gehört, dann sie sind selbständig mit allen Pflichten und Rechten. Die Gründung in Teilzeit geschieht neben einer Anstellung oder neben der Familientätigkeit oder neben dem Studium. Für Teilzeit Selbständigkeit gibt es immer Gründe.

Häufige Teilzeitgründungen sind in klassischen Dienstleistungsbranchen: wie Beratung, Coaching, Referentin im Bildungsbereich, Angebote im Wellnessbereich (Massage, Yoga, Feldenkrais), freie Berufe, Kunst- und Medienbranche, Heilberufe, pflegerischer Bereich, Jugendhilfe, oder, oder, oder.

Gründungsbeteiligung von Frauen bleibt Top – jetzt auch im Vollerwerb stark:
43% Prozent der Existenzgründungen haben Frauen umgesetzt. Der Spitzenwert des Jahres 2013 wurde somit auch 2014 erreicht. Im Nebenerwerb ging der Anteil von Frauen leicht zurück, stieg im Vollerwerb allerdings umso mehr an.
Frauenanteil Gesamtgründungen 43%, in Vollzeit 40,6% und im Nebenerwerb 44,3%

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Ein Beispiel: Geben Sie zunächst nur einen Kurs, fühlt sich das nicht wie eine Existenzgründung an. Bei der Existenzgründungsberatung gibt es oft die Situation, dass eine Kundin sagt: „Ja ich mache das schon länger, so ein bis zwei Kurse pro Woche: Muss ich da irgendetwas bedenken?“

Zunächst fallen Ihnen wahrscheinlich die Steuern ein oder die Sozialversicherungen. Die Wahrheit ist, in Deutschland ist man nie ein bisschen selbständig, wie eine Frau auch nicht ein bisschen schwanger sein kann: Sie sind selbständig oder Sie sind es nicht! Wenn Sie fünf Stunden selbständig sind, sind Sie genauso selbständig wie mit fünfzig oder sechzig Stunden.

Zeitliche Flexibilität

Sie entscheiden selbst, wie viele Stunden Sie für Ihre Tätigkeit zur Verfügung haben. Viele Dienstleistungen können morgens oder abends stattfinden, Seminare können Sie am Wochenende geben. Das ist ein Freiraum, den Sie selbst gestalten können. Nur fühlt sich das nicht immer so frei an, denn es bleibt eine Tätigkeit neben vielen anderen Dingen. Sie kennen vielleicht das Gefühl: „ Ich würde ja gerne viel mehr machen, wenn nicht noch …“

Die Grenzen setzen Sie selbst. Das kann schwierig sein – oder eben auch eine Chance. Es kann Ihnen sehr schnell passieren, dass Sie mehr Angebote bekommen, als Sie mit Ihrer begrenzten Zeit bewältigen können. Dann gilt es immer wieder abzuwägen, wo und wie sie Ihre Prioritäten setzen.

Persönliche Motivation

Die Motivation, zusätzlich etwas selbständig zu machen, ist vielschichtig. Ein Grund ist der starke Wunsch, etwas zu tun, das sie selbst bestimmen können – sowohl inhaltlich als auch strukturell.

Während für Männer der Schritt in die Selbständigkeit in erster Linie eine berufliche Entscheidung bedeutet, steht bei Frauen oft eine Lebensstrategie dahinter. Frauen versuchen, sich über die Selbständigkeit erstmals einen maßgeschneiderten Arbeitsplatz zu schaffen, um alle ihre Aufgaben als Partnerin, Mutter, Hausfrau und Unternehmerin unter einen Hut zu bekommen.

Vielleicht sind Sie angestellt und haben eine Tätigkeit, die Sie nicht hundertprozentig erfüllt? Sind Sie eventuell unterfordert oder unzufrieden mit hierarchischen Strukturen? Dann ist die nebenberufliche Selbständigkeit ein wunderbarer Ausgleich, wenn Sie genau das machen, was Ihnen am Herzen liegt!

Für die einen soll das Einkommen aufgebessert oder der Lebensunterhalt gesichert werden. Für die anderen ist der Zuverdienst gedacht, um etwas Besonderes zu finanzieren wie Urlaub, größere Anschaffungen oder die Refinanzierung einer kostenintensiven Ausbildung.

Wirtschaftliches Risiko

Wenn Sie klein starten, sind in der Regel keine großen Investitionen erforderlich. Ihre Hauptinvestition haben Sie schon getätigt, d.h. Sie haben Ihre Ausbildung finanziert. Sie können die Kosten überschaubar halten, können zu Hause arbeiten und müssen keine eigenen Räume anmieten. Oder Sie nutzen Ihr zusätzliches Einkommen dafür, in neue Fortbildungen zu investieren. Wenn Sie nur Verluste machen, unterstellt Ihnen das Finanzamt „Liebhaberei“, wie Sie später lesen können. Die Schwankungen, die es bei den Einnahmen einer Unternehmerin immer gibt, wie ausfallende Kurse oder keine Einnahmen in den Ferienzeiten, sind für Sie nicht existenziell, wenn Sie noch andere Einkünfte haben. Das lässt Sie ruhiger schlafen und gelassener bleiben.

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Oft ist der Einstieg über die Teilzeit ein Test, ob das, was Sie sich vorgenommen haben, auch funktioniert. Haben Sie ausreichende betriebswirtschaftliche Kenntnisse und sind Sie von Ihrer Persönlichkeit geeignet für die Selbständigkeit?

Für die Vollzeittätigkeit ist es leichter, wenn Sie Ihren aufgebauten Kundenstamm erweitern, als von jetzt auf gleich so viele Kurse, KundInnen oder KlientInnen zu akquirieren, dass Sie davon leben können. Bedenken Sie: Nicht jede Tätigkeit ist geeignet für eine Vollzeitgründung.

Oder Sie wägen nach einer Anlaufphase ab, was für Sie die günstigere Variante ist: angestellt zu sein mit einem Minijob bzw. sozialversicherungspflichtig oder weiterhin etwas selbständig anzubieten.

Kommen wir zu den Besonderheiten, die Sie wissen sollten, um die richtige Entscheidung treffen zu können.

Teilzeit und Arbeitsrecht

Nebenberufliche Tätigkeit ist grundsätzlich frei. Es gibt ein paar Besonderheiten. Für BeamtInnen gibt es eine Genehmigungspflicht und Einkommensgrenzen (§42 BRRG Beamtenrechtsrahmengesetz).

Wenn Sie im Öffentlichen Dienst angestellt sind, haben Sie Ihrem Arbeitgeber gegenüber eine Informationspflicht nach TVÖD §3 Absatz 3.

Für private Verträge gilt: Nur wenn berechtigte Interessen des Arbeitgebers bedroht sind, kann die Nebentätigkeit untersagt werden. Das bezieht sich darauf, ob Sie Ihrem Arbeitgeber mit Ihrem Angebot Konkurrenz machen und ob Sie Ihre Arbeitskraft gefährden.

Die Arbeitszeit ist geregelt in §3 ArbeitszeitG und schreibt vor, wie viel Schlaf und Erholung Sie brauchen. Mit einer Vollzeitstelle kommen Sie hier schnell an die Grenze. Sie dürfen dann die wöchentliche Arbeitszeit um maximal 20% überschreiten.

Teilzeit und Sozialversicherungen

  • Krankenversicherung

Als Selbständige sind Sie zur Krankenversicherung verpflichtet. Wenn Sie privat versichert sind, richtet sich der Beitrag ausschließlich nach Ihrem Gesundheitszustand und Ihrem Alter. Da spielt es keine Rolle, wie sich Ihr Einkommen zusammensetzt. Bei der gesetzlichen Krankenversicherung werden alle Ihre Einkommen zu Grunde gelegt und dort gibt es folgende Besonderheiten:

  • Familienversicherung:

Ist Ihr Ehepartner/Ehepartnerin in einer gesetzlichen Krankenversicherung, können Sie dort mitversichert sein, wenn Sie unter 18 Wochenstunden tätig sind und Ihr Gewinn aus der Selbständigkeit nicht mehr als 415 € im Monatsdurchschnitt, d.h. im Jahr nicht mehr als 4.980 € ausmacht.

Die nicht hauptberufliche Selbständigkeit:

Diese Teilzeittätigkeit ist für die Krankenversicherung begrenzt auf maximal 18 Wochenstunden. Wenn Sie also neben der Familie Ihr Unternehmen aufbauen und dafür nicht mehr als 18 Stunden investieren und Ihr Einkommen im Durchschnitt 968 € im Monat nicht überschreitet, dann zahlen Sie selbst Krankenversicherungsbeiträge mit einem Sondertarif von ca. 169 €. Fragen Sie gezielt bei Ihrer Krankenversicherung nach.

Die Selbständigkeit neben einer Anstellung:

Wenn Sie neben Ihrer Anstellung selbständig sind, zahlen Sie dort Krankenversicherungsbeiträge, wo der Schwerpunkt Ihrer Tätigkeit liegt. Gemessen wird der Schwerpunkt am Geld. Sprich: Verdienen Sie mindestens 20% mehr Geld mit Ihrer Anstellung, zahlen Sie keine zusätzlichen Krankenversicherungsbeiträge.

Hier ist also ein echter Vorteil, wenn Sie das Gleichgewicht Ihres Einkommens aus der abhängigen und der selbständigen Tätigkeit im Blick behalten. Sollte sich der Schwerpunkt verlagern, weil Ihre Selbständigkeit finanziell überwiegt, dann zählen für die Berechnung des Krankenversicherungsbeitrags in Höhe von 15,5% alle Ihre Einkommen. Dazu gehört auch das Brutto aus der abhängigen Beschäftigung. Ihr Arbeitgeber muss sich nicht mehr beteiligen.

  • Rentenversicherung:

Achten Sie darauf, dass für einige Berufsgruppen Rentenversicherungspflicht besteht, z.B. für alle die unterrichten (§2 SGB VI).

Teilzeit und Steuern

Wenn Sie ein Gewerbe angemeldet haben, müssen Sie mit der Gewerbesteuer kalkulieren. Diese fällt an, wenn Ihr Gewinn 24.500 € im Jahr überschreitet.

Einkommensteuer

Die Übungsleiterpauschale: Nach §3 Nr. 26 EStG dürfen Sie bis zu 2.400 € nebenberuflich dazu verdienen, ohne dafür Steuern zu zahlen, wenn Sie Ihre Angebote bei gemeinnützigen oder staatlichen Organisationen durchführen. Nebenberuflich heißt hier, dass Sie eine andere Haupttätigkeit haben, egal ob angestellt oder als Familienfrau oder selbständig. Auch eine Architektin kann nebenberuflich selbständig sein mit einer anderen Qualifikation. Das Finanzamt will diese geringfügige Selbständigkeit nicht mit Aufwand belasten. Sie brauchen in diesem Fall weder Rechnungen noch Belege für Ihre Betriebskosten anzugeben. Das ist die einfachste Lösung für alle, die gerade ihre Selbständigkeit starten.

  • Die sogenannte Liebhaberei

Wenn Sie als Selbständige nur Verluste machen, hat das Finanzamt in zwei bestimmten Lebenssituationen ein Auge auf Sie:

a) Sie haben eine/n gut verdienende EhepartnerIn oder b) Sie verdienen in Ihrer Haupttätigkeit gut. In beiden Fällen würde der Verlust die Steuerlast mindern. Das macht das Finanzamt nur mit, wenn eine realistische Aussicht besteht, dass Sie auch einen Gewinn erwirtschaften. Steuervorteile werden nicht für Hobbys erteilt und man unterstellt Ihnen dann Liebhaberei. In diesem Fall wird es wichtig, Ihre Gewinnerzielungsabsicht deutlich zu machen. Sollten Sie Ihre Ausbildung als vorweggenommene Betriebskosten geltend gemacht oder am Anfang hohe Investitionen gemacht haben, dann bemühen Sie sich, in den nächsten drei Jahren, Gewinne zu erzielen. Es zählt Ihr Auftreten am Markt und der Nachweis von Maßnahmen, die Sie ergriffen haben, um Ihren Umsatz zu steigern.

Teilzeit und Umsatzsteuer

Die Kleinunternehmerregelung: Bis zu einem Umsatz (Einnahmen ohne Abzug der Betriebskosten) von 17.500 € gehören Sie nach §19 UStG zu den Kleinunternehmerinnen. Diese Summe bezieht sich auf das volle Jahr (zwölf Monate). Gehören Sie dazu, sind Ihre Leistungen umsatzsteuerfrei. Wenn Ihre Kundschaft Privatzahlende sind und keinen Vorteil aus der Mehrwertsteuer ziehen, werden Sie teurer, sobald Sie diese Umsatzsteuergrenze überschreiten. Sollten Sie also KleinunternehmerIn bleiben wollen, kontrollieren Sie mindestens jedes Vierteljahr Ihre Umsätze, damit Sie noch rechtzeitig dagegen steuern können.

Fazit:

Das Fazit ist, Sie sind auch in Teilzeit UnternehmerIn und damit für sich und Ihr Handeln verantwortlich. So ist die Teilzeitselbständigkeit ein Balanceakt zwischen Freiraum und strukturellen Grenzen. Genießen Sie, dass Sie selbst bestimmen, wie Sie Ihre Selbständigkeit gestalten und machen Sie das Beste daraus.
Wenn Sie Fragen haben, rufen Sie mich an.

In einem späteren Artikel erfahren Sie mehr über Meldeverfahren und berufsrechtliche Besonderheiten.

(Bildquelle: „Start“ by jakeandlindsay via flickr, CC-BY-2.0 | no changes – keine Änderungen)